Liberius, S. (5)

Liberius, S. (5)

5S. Liberius, (23. Sept.), der 36. oder 37. Papst, ein geborner Römer von angesehener Familie, war früher Priester oder doch Diakon, da er am 22. oder 24. Mai 352 als Nachfolger des hl. Papstes Julius I. wider seinen Willen den päpstl. Stuhl bestieg. Sein Vater hieß Augustus; er selbst soll mit seinem ganzen Namen Marcellinus Felix Liberius geheißen haben. Kaum hatte er die Regierung der Kirche angetreten, als er in die heftigsten Kämpfe mit dem Arianismus verwickelt wurde, der jetzt, nachdem die Verfolgungen der heidnischen Kaiser aufgehört hatten, die Kirche Gottes in hohem Grade beunruhigte. Einige orientalische Bischöfe hatten nämlich in einem Schreiben vom römischen Stuhle die Absetzung des hl. Bischofes Athanasius verlangt, welcher die Gottheit Jesu Christi nach dem nicänischen Glaubensbekenntnisse den Arianern gegenüber unerschütterlich vertheidigte. Ob sie dieses Schreiben an Liberius oder schon an seinen Vorgänger gerichtet hatten, ist ungewiß. Aber zu gleicher Zeit hatten auch 80 ägyptische Bischöfe zu Gunsten des hl. Athanasius an den Papst geschrieben. Damals war der den Katholiken und dem hl. Athanasius günstige Kaiser Constans gestorben, und der arianische Kaiser Constantius war zur Alleinherrschaft gelangt, dessen Gemahlin Eusebia ebenfalls arianisch war, und der gar gerne selbst in kirchliche Sachen sich einmischte, wobei er einmal den Bischöfen gegenüber den Grundsatz aussprach: »Was Ich will, muß euch Kirchengesetz seyn« etc. Liberius willigte nun in die Absetzung des hl. Athanasius durchaus nicht ein, sandte aber Abgeordnete an den zu Arles verweilenden Kaiser Constantius, um von ihm die Berufung eines Conciliums nach Aquileja zu verlangen. Der Kaiser bewilligte ein Concil, aber nicht nach Aquileja, sondern nach Arles. Dorthin schickte nun Liberius zwei campanische Bischöfe, Vincentius und Marcellus, als seine Legaten. Durch List und Gewalt gelang es den zahlreich daselbst eingetroffenen Arianern, viele katholische Bischöfe und die päpstlichen Legaten, selbst den erfahrenen Vincentius von Capua, der schon auf dem Concil von Nicäa gesessen, zu vermögen, die Verdammung des hl. Athanasius zu unterzeichnen. Es war nämlich beantragt gewesen, zuerst über das Dogma (de fide), und erst dann über die Person des Athanasius zu entscheiden. Der arianische Bischof Valens aber und seine Genossen setzten sich blos die Verurtheilung des Athanasius zum Ziele. Im Gedränge versprachen die Legaten, den Athanasius zu verurtheilen, wenn man zuvor die arianische Lehre verurtheilt hätte, wohl nur in der wahrscheinlichen Voraussetzung, daß dieser so gestellte Antrag nicht werde angenommen werden. Sie erhielten aber darauf ein Resultat dahin lautend: die Lehre des Arius könnte man nicht verurtheilen, indessen sei aber Athanasius von der Kirchengemeinschaft auszuschließen. Nachdem man noch dem Vincentius Gewalt angethan hatte, erfolgte endlich die Unterschrift der Legaten. Von Schmerz erfüllt über den unglücklichen Ausgang des Concils sandte nun der hl. Liberius andere Abgeordnete, nämlich den sich freiwillig anbietenden Bischof Lucifer von Cagliari, den Priester Pancratius und den Diakon Hilarius, welchen er noch den hl. Eusebius24 von Vercelli und Fortunatianus von Aquileja beigesellte, mit einem bei den Bollandisten (pag. 587. nr. 60–67) enthaltenen Briefe an Constantius vom J. 534, worin er den Kaiser zu versöhnen sucht, und den Grund angibt, warum er den hl. Athanasius nicht verurtheilt habe, und warum mit den Arianern kein Friede erlangt werden könne, dann auch ein Concilium verlangt, um die Sache genau zu untersuchen. Der Kaiser berief ein Concil nach Mailand, dem eine große Anzahl Bischöfe nebst den päpstlichen Legaten beiwohnten. Da aber die Legaten des Papstes und mehrere Bischöfe in die Verdammung des hl. Athanasius nicht einstimmten, wurden sie verbannt. Zu diesen Verbannten gehören Lucifer von Cagliari, Eusebius von Vercelli, Dionysius33 von Mailand. Paulinus von Trier war zu diesem Loose schon auf der Synode von Arles verurtheilt worden. – Libe rius erließ an die 3 hhl. Bischöfe Lucifer, Eusebius und Dionysius, die an verschiedene Orte hin verwiesen worden waren, ein bei den Bollandisten (pag. 590. nr. 74. 75) enthaltenes Trostschreiben, pries ihren standhaften Glauben, bedauerte, daß er nicht selbst an ihrem Loose Theil nehmen könne, und bat sie, ihm von Gott Kraft zu erflehen, um Alles mit Standhaftigkeit ertragen und mit unerschütterlichem Glauben an ihrer Verherrlichung Theil nehmen zu können. Der Kaiser wollte nun, daß die Verdammung des hl. Athanasius durch den Ausspruch des Papstes bekräftigt werde. Der Papst aber ließ sich weder schrecken noch locken, und ging auf die Drohungen des Eusebius, eines Verschnittenen, den Constantius an ihn nach Rom sandte, und welcher auch den Kaiser in vielen Stücken leitete, nicht ein, weßhalb er gewaltsam, aber heimlich nach Mailand, wo sich der Kaiser aufhielt, abgeführt wurde. In der gepflogenen Unterredung stellte Liberius dem Kaiser vor, daß die Urtheilssprüche der Kirche nur nach vollkommenster Gerechtigkeit gefällt werden dürften. Den Athanasius könne er nicht verurtheilen, ehe über ihn erkannt worden. »Ist Athana sius schuldig, so wird das Concil über ihn urtheilen«. Diejenigen, welche sein Verdammungsurtheil unterschrieben, hätten es aus Furcht und ohne Sachkenntniß gethan. Liberius verlangte die Wiedereinsetzung der verbannten Bischöfe und nach Befund der Sache eine Versammlung der Bischöfe zu Alexandria, wo in Gegenwart der Ankläger der Beklagte gerichtet werden sollte. Er bat dann den Kaiser, die Bischöfe nicht zu Werkzeugen seiner Rache zu machen, sondern zu sorgen, daß sie sich mit demjenigen aussöhnen, der festhält an dem zu Nicäa aufgestellten Dogma, und daß sie bei ihrer Zusammenkunft dem Erdkreis den Frieden herstellen. Der Kaiser erwiederte: »Es ist nur Eine Frage;willst du die Gemeinschaft mit den andern Kirche halten, so lasse ich dich nach Rom zurückkehren. Füge dich aus Liebe zum Frieden, unterschreibe und kehre nach Hause; ich will dir 3 Tage Bedenkzeit geben zu deiner Rückkehr oder zu deiner Verbannung«. Liberius sprach hierauf: »Drei Tage oder drei Monate ändern nichts an meiner Ueberzeugung (sententia), schicke mich also hin, wo du willst.« So wurde nun Liberius, da er von seinem Entschlusse nicht abging, nach 2 Tagen nach Beröa in Thracien verbannt, und als sein Stellvertreter wurde im J. 355 Papst Felix II. (s. S. Felix158) auf den päpstlichen Thron erhoben. Da der Kaiser im J. 357 nach Rom gekommen war, um den Jubeltag seiner 12jährigen Regierung zu feiern, benützten die Römer seine Anwesenheit, die Freiheit des allverehrten Liberius durch Bitten und höchst wahrscheinlich durch Aufstände und Empörung zu erwirken. Constantius willigte ein mit den Worten: »Liberius und Felix sollten zugleich Bischöfe von Rom seyn.« Das Volk aber rief: »Es ist nur ein Gott, nur ein Jesus Christus, nur ein Bischof!« Constantius ließ aber gleichwohl den hl. Liberius noch ein ganzes Jahr in seiner Verbannung, deren Härte seinen Muth geschwächt zu haben scheint. Die Unterredungen, welche er mit Demophilus von Beröa und Fortunatianus von Aquileja hatte, deren Einer ein Arianer, der Andere ein hinterlistiger Hofmann war, scheinen ihn in seiner Standhaftigkeit wankend gemacht zu haben. Getäuscht durch den Schein der Aussöhnung und durch verschiedene andere Künste, an denen die Irrlehrer stets so reich waren, soll er nun das Verdammungs-Urtheil des hl. Athanasius, den er zwei Jahre zuvor so heldenmüthig vertheidigt hatte, so wie das Glaubensbekenntniß von Sirmium (nach Einigen das erste, nach Andern das dritte) unterzeichnet haben, was jedoch von dem Bollandisten Joh. Stilting (pag. 598–614) in Abrede gestellt wird143. Jesdensatis aber hat er dadurch die Irrlehre der Arianer nicht anerkannt, wenigstens sicherlich nicht anerkennen wollen. Doch genügte dieses dem Kaiser Constantius, so daß nun der hl. Liberius im I. 358 nach Rom zurückkehren und den päpstlichen Stuhl mieder einnehmen konnte, während Felix zurücktrat und in eine andere Stadt sich begab. Um die streitenden Arianer vollständig zu versöhnen und den katholischen Bischöfen die neuen Formeln aufzudrängen, berief der Kaiser Constantius eine Doppelsynode, für den Occident nach Rimini, für den Orient nach Seleucia. Durch die Ränke der arianischen Bischöfe Ursacius und Valens, so wie durch fortgesetzte Gewaltthätigkeit gelang es dem Kaiser, daß die katholischen Bischöfe zu Rimini ein zweideutiges Symbolum unterschrieben, welches nur im Allgemeinen bestimmte, der Sohn Gottes sei dem Vater ähnlich gemäß der hl. Schrift. Nur der hl. Papst Liberius, Vincentius von Capua und Gregor von Elvira waren standhaft geblieben. Constantius aber ward jetzt heftiger als zuvor gegen den hl. Liberius entbrannt, und dieser soll sich, um der Rache des Kaisers zu entgehen, eine Zeit lang in den Katakomben versteckt gehalten haben, nach Andern aber vom Kaiser aus Rom vertrieben worden seyn. Nach dem im I. 361 erfolgten Tode des Kaisers Constantius suchte der hl. Liberius seinen so unerwartet begangenen Fehlgriff, wenn er wirklich geschehen war, wieder gut zu machen. Muthig vertheidigte er die Kirche gegen die vielen über sie hereinbrechenden Verfolgungen, und suchte die Reinheit des katholischen Glaubens, von dem er in der That nie abgefallen war, allenthalben herzustellen. Er erlebte noch die Freude, daß viele semiarianische Bischöfe in die Kirchengemeinschaft zurückkehrten, nachdem sie brieflich an den hl. Liberius sich gewendet und sich zum nicänischen Glauben bekannt hatten. Von ihm ward auch, wie aus dem römischen Breviere am Feste »Mariä Schnee« (5. August) zu ersehen ist, eine der 7 Hauptkirchen Rom's, welche nach ihm Basilica Liberiana, jetzt gewöhnlich Maria maggiore heißt, erbaut. Auch soll er, wie die Bollandisten melden, der hl. Marcellina, der Schwester des hl. Ambrosius, den Schleier ertheilt haben. Das Verbot, zur Fastenzeit Ehen zu schließen, soll ebenfalls von ihm ergangen seyn. Nachdem nun der hl. Liberius durch großen Eifer und Ertragung vieler Leiden seine frühere Schwäche, wenn sie je stattgefunden, gut gemacht, starb er am 23. oder 24. Sept. 366. Sein Leib war anfangs in dem Cömeterium der hl. Priscilla, aus dem er später in die Basilica des Vatican übertragen wurde. Die zu seiner Zeit lebenden heiligen Väter ertheilen ihm die größten Lobsprüche, und sein Name steht in den ältern Heiligen-Verzeichnissen der Lateiner, die ihm meistens am 23. Sept., aber auch am 9., 24. Sept. und 17. Mai haben, und selbst in jenen der Kopten und Aethiopier. Die Griechen feiern sein Fest am 27. Aug., und bei den Kopten steht er am 27. August und am 6. October, während er im Mart. Rom. nicht enthalten ist. Die Bollandisten behandeln ihn ganz ausführlich am 23. Sept. (VI. 572–632).



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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