Melchior, S. (1)

Melchior, S. (1)

1S. Melchior (6. al. 1. Jan.). Der hl. Melchior ist nach der Legende einer der hhl. drei Könige, die durch den wunderbaren Stern die Geburt Christi erkannten und nach Bethlehem geleitet wurden. Die ältesten Urkunden schweigen über seine spätere Laufbahn. Erst im Mittelalter tauchten über ihn und seine Gefährten Sagen auf, deren Aechtheit nicht zu erweisen ist. So wird uns versichert, auch der hl. Melchior sei vom hl. Apostel Thomas getauft und zum Bischof geweiht worden, im J. 70 aber zu Sassara in Arabien gestorben, nachdem er kurz vorher noch das hl. Opfer gefeiert hatte. Andere nehmen an, er habe den Martertod gelitten. Dem göttlichen Kinde opferte er nach der Sage gemünztes Gold und einen kleinen goldenen Apfel, der mit der Hand umspannt werden konnte, und früher Alexander d. Gr. gehörte (Kirchenschmuck, Jahrg. 1864 Bd. XVI. S. 21). Er ist auf Bildnissen ein junger Mann von etwa zwanzig Jahren. Im Florarium der Boll. fand er sich zum 1. Jan. Seine Reliquien werden zu Cöln gezeigt und verehrt (I. 323). – Als Anhang zu diesem Artikel geben wir zur Vervollständigung einen Auszug aus dem »Dreikönigenbuche« von Floß (Köln, 1864) zunächst über die Namen, Geschenke und Abbildungen der hhl. Weisen und dann über ihre Reliquien. Eine dem ehrwürdigen Beda1 (gest. im J. 735) zugeschriebene, doch wohl viel jüngere Schrift nennt nicht bloß ihre Namen (vgl. H.-L. I. 562 Anm.), sondern entwirft zugleich folgendes Bild: »Der erste soll Melchior gewesen seyn, ein Greis mit gebleichtem, wallendem Haar und langem Bart in hyacinthenfarbigem Gewande und milesischem206 Mantel, die Fußbekleidung hyacinthenfarbig mit Weiß durchwirkt, als Kopfbedeckung einen Turban mit buntverschlungenen Farben. Er brachte dem Herrn Gold dar. Der zweite mit dem Namen Caspar, in milesischem Gewande, rothem Mantel und hyacinthenfarbiger Fußbekleidung ehrte Gott mit Weihrauch, als der allein Gottes würdigen Gabe. Der dritte, gebräunt und ganz bärtig, Balthasar, trug ein rothes Gewand mit abwechselndem Weiß und milefischer Fußbekleidung; durch die Myrrhe legte er das Bekenntniß ab, daß der Sohn des Menschen sterben werde. Alle ihre Gewänder aber waren syrische Stoffe.« Merkwürdig ist, daß sie im dreizehnten Jahrhundert auch Dionysius, Rusticus und Eleutherius genannt wurden. Wo die hhl. Leiber geruht haben, ehe sie nach Byzanz gebracht wurden, sagt keine ältere Nachricht. »Im Morgenlande, in Persien« lautet gewöhnlich die ganz allgemeine Antwort, welche wir auf diese Frage erhalten. Auch tritt die Legende mit den vorhandenen Reliquien in so fern in Widerspruch, als letztere auf jugendliche Personen – der Eine schien nach dem Berichte des Abtes Isimgrim von Ottenbeuern, welcher sie im J. 1168 bald nach ihrer Ankunft in Cöln sah, so viel man aus der Gesichtsbildung und den Haaren schließen konnte, von 15, der Zweite von 30, der Dritte von 48 Jahren – hinweisen, während die Legende ihnen ein sehr hohes Alter (H.-L. I. 569 u. 570) zuschreibt. Von Byzanz nach Mailand soll sie der hl. Eustorgius3 überbracht haben. Dieser war der dritte Vorgänger des hl. Ambrosius1 und wird von ihm ehrenvoll als »Bekenner« erwähnt. Doch scheint letzterer von der Uebertragung der berühmten hhl. Leiber nichts gewußt zu haben, und obwohl bald nach derselben den hhl. drei Königen zu Mailand eine Kirche erbaut worden seyn soll, kennt er auch diese nicht. Ebenso wenig weiß hievon sein Lebensbeschreiber Paulinus. Aber es besteht die Ueberlieferung, daß eben der hl. Ambrosius drei Theilchen von den Fingern der heiligen drei Könige abgelöst und seiner Schwester, der hl.Marcellina4 geschenkt habe. Dieselben werden setzt noch zu Brogherio verehrt. Diese den Reliquien günstige Nachricht wird wieder getrübt durch den Umstand, daß die Urkunden über das frühere Vorhandenseyn der Leiber der hhl. drei Könige in Constantinopel schweigen, wie ihnen auch keine Kirche daselbst geweiht war. Noch im achten Jahrhundert, aus welchem einige Verse auf uns gekommen sind, welche die Thürme der Stadt Mailand, ihre prächtigen Bauten und Kirchen verherrlichen und die Heiligen aufzählen, deren Leiber die Stadt schmücken, sucht man vergebens eine Erwähnung der heiligen drei Könige. Die Kirche des hl. Eustorgius, welche noch besteht, soll allerdings früher nach ihnen genannt, ja sogar von diesem Heiligen zu ihrer Ehre erbaut worden seyn. Aber die Urkunden schweigen. Doch wirst in diese geschichtliche Dunkelheit eine seit unvordenklichen Zeiten in dieser Kirche verehrte Goldmünze des Kaisers Zeno (vom J. 474 bis 491), welche das Volk den Dukaten der drei Weisen nannte, einiges Licht. Man erzählte sich, die Münze sei von dem Golde, welches nebst Myrrhen und Weihrauch die Weisen dem Jesuskindlein in Bethlehem geopfert hätten, und habe sich in der Lade befunden, in welcher ihre Leiber nach Mailand gebracht wurden. Wirklich wurde in jener Zeit, wie den Leichen, so auch den Reliquien bei ihrer Ueberbringung oder Recognoscirung eine Münze des Kaisers beigelegt, unter welchem die Uebertragung oder Recognition geschah. Eines von beiden muß also wohl etwa unter dem Bischof Senator geschehen seyn. Der Steinsarg in der St. Eustorgiuskirche spricht (nach der Schätzung von Bock) ein Alter bis ins fünfte christl. Jahrhundert an. Das Alter der Kirche selbst reicht bis in die frühesten christlichen Jahrhunderte, der Altar der hhl. drei Könige befand sich in dem Seitenschiffe an der Epistelseite, ein eigener Eingang zu demselben führte von der Straße her in die Kirche. Jedes Jahr am Feste der Epiphania wurde jene Goldmünze dem Volke gezeigt. Bei der Ueberbringung von Constantinopel wiederholt sich die Sage, daß zwei Kühe mit leichter Mühe den Wagen gezogen hätten; als die eine von einem Wolf angefallen und gefressen wurde, habe der hl. Eustorgius den Wolf statt der Kuh eintreten lassen. Der Ort Vacca vor Mailand, wird hinzugesetzt, habe von diesem Ereignisse den Namen (Kuh). Trotz Allem diesem war man selbst im zwölften Jahrhundert über die Aechtheit der Reliquien noch nicht sicher.207 Als aber Kaiser Friedrich der Rothbart im J. 1158 zur Belagerung der Stadt Mailand heranrückte, erhob man dieselben und übertrug sie in die innere Stadt, und brachte sie in dem festungsartigen Thurme von St. Giorgio in Sicherheit. Als hierauf im Anfang des J. 1161 eine neue Belagerung folgte, welche mit Uebergabe auf Gnade und Ungnade endigte, soll zuerst der Bischof Heinrich von Lüttich, welcher eine Zeit lang die Verwaltung der Einkünfte des Bisthums Mailand führte, bei Zerstörung der Stadt die Leiber der heil. drei Könige erhalten haben. Doch war Rainald, des Kaisers Kanzler, seit dem J. 1159 Erzbischof von Cöln, die Seele aller kaiserlichen Unternehmungen, oder wie Papst Alexander III. ihn nannte, »der Urheber und das Haupt aller kirchlichen Wirren«, schon am 11. Juni 1164 von Mailand mit denselben nach Deutschland abgereist. Es mag dahingestellt bleiben, ob er sie vom Kaiser erhalten oder sich heimlich zugeeignet hat. Außerdem besaß er noch die Reliquien der hhl. Nabor und Felix (12. Juli), und die eines hl. Bekenners Martinus. Auch die Ueberbringung des hl. Apollinaris nach Remagen wird ihm zugeschrieben. Die Reise ging über Burgund und die linksrheinischen Landestheile Deutschlands. Dicht vor dem Dorfe Estrabonne, etwa vier Meilen von Besançon, befindet sich eine nach den hhl. drei Königen genannte Quelle. Die Sage will, sie sei hervorgesprudelt, als der Zug mit den hhl. Reliquien an die Stelle gelangte. Kropfleidende und mit Geschwüren Behaftete tranken gerne aus der Quelle und wuschen sich mit ihrem Wasser. Zu Besançon und in der ganzen dortigen Gegend befinden sich viele Altäre und Capellen zu Ehren der hhl. drei Könige. Die neun Stunden von Besançon gelegene vormalige Cistercienser-Abtei Locuscrescens hieß von der Zeit an zu »den Dreikönigen«. Sie erhielt Reliquien derselben. Zu Longueville in Deutsch-Lothringen führte ein Thor längere Zeit von ihnen den Namen. Weiter führen die Spuren nach Mainz, von welcher Stadt aus die Fahrt auf dem Rhein bis Cöln fortgesetzt wurde. Am 23. Juli zog Rainald in Cöln ein, und wurde zumeist wegen der Reliquien, die er mitbrachte, ruhmvoll und prächtig empfangen. Sie wurden unter Hymnen und Gesängen beigesetzt. Als die Leiber von den Schragen erhoben wurden, war allda ein so großer Wohlgeruch, daß Alle, die zugegen waren, von seiner Süßigkeit erquickt wurden. Man wollte bemerkt haben, daß der Wohlgeruch der heiligen Leiber nicht gleich, sondern verschieden, aber bei jedem herrlich war. Seit dieser Zeit feiert die Cölnische Kirche die Uebertragung der hhl. drei Könige alljährlich am 23. Juli. In der Stadt Cöln war dieser Tag allgemeiner Festtag, auch für das Volk. Die Mailänder bemühten sich seither vergeblich, die ehrwürdigen Reliquien oder auch nur einen Theil derselben wieder zu erhalten. Ludovico Sforza mit dem Beinamen Moro erlangte hiefür eine eigene Bulle von Papst Alexander VI., aber umsonst. In gleicher Weise verwandten sich die Dominicaner im J. 1564 bei Papst Pius IV. und der hl. Carl Borromeo bei Gregor XIII. und Philipp II. ohne Erfolg. Der Cardinal und Erzbischof Alfonso Litta versuchte es neuerdings im J. 1675, vermochte aber auch nicht einen Finger, nicht die kleinste Partikel zu erwerben. Unterdessen entstand in Mailand die Volksmeinung die Leiber der hhl. drei Könige würden auf dem nämlichen Wege dorthin zurückkehren, und deßhalb habe Rainald das Thor in Cöln, durch welches sie eingezogen, alsbald zumauern lassen. Aus der letzten Zeit erwähnen wir noch, daß die heiligen Reliquien im J. 1794 bei Annäherung der französischen Heere nach Arnsberg geflüchtet und am 6. Jan. 1804 mit größter Feierlichkeit wieder zurückgebracht wurden. In Italien befinden sich nur ganz kleine Reliquien von den hhl. drei Königen: nämlich in der Marcuskirche zu Mailand, in der Kirche zu Viggin bei Arcisate und in der Kirche von Brogherio bei Monza. Burgos und Valencia in Spanien besitzen einen Theil ihrer Geschenke, Mailand den Steinsarg (arca), in welchem sie aus Constantinopel gebracht wurden.



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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