Rita, B.

Rita, B.

B. Rita, Vid. (22. Mai). Das wunderbare Leben dieser Seligen ist nicht von einem gleichzeitigen Schriftsteller geschrieben worden. Ein Augustinerbruder Jakobus Carelicci hat dasselbe bei Gelegenheit ihrer Seligsprechung aus zwei schon vorhandenen ältern Lebensbeschreibungen und mündlichen Nachrichten, wie sie ihm zuflossen ohne jede Prüfung zusammengestellt und die Boll. haben in ihrem Werke eine Uebersetzung seines Buches gegeben. Folgendes ist der wesentliche Inhalt dieser Legende: Die selige Rita war die Tochter hochbejahrter Eheleute zu Rocca-Porena in Umbrien, einem Schlosse, das nicht sehr weit von Cascia entfernt ist. Die beiden Gatten lebten in Eintracht, übten viele Werke der Religion und Frömmigkeit, und hatten besonders eine glühende Andacht zum Leiden des Heilandes; wo sie immer einen Streit wahrnahmen, suchten sie denselben beizulegen, so daß man sie allenthalben die »Friedensträger Jesu Christi« nannte. Schon waren sie zu hohem Alter gelangt, ohne ihre Ehe durch einen Sproßen gesegnet zu sehen, als es der göttlichen Güte gefiel, ihnen i. J. 1379 eine Tochter zu schenken. Als das Kind noch in der Wiege lag, sah man weiße Bienen in dem Munde des Kindes ein- und ausfliegen. Sie wurde mit großer Obsicht und Sorgfalt in aller Gottesfurcht und Tugend auferzogen, so daß sie von zarter Kindheit angefangen, die Welt zu verachten und sich aller eiteln und vergänglichen Dinge zu entschlagen. Ihre Kleidung war gering und einfach, indem sie sagte, daß sie allein Jesus zu gefallen und dienen verlange, welcher ihr zu Liebe nackt und bloß, mit Schmach und Schande am Kreuze gestorben sei. Inniglich liebte sie ihre Eltern und gehorsamte ihnen mit größter Genauigkeit, um ihnen jede Ursache auch zu dem geringsten Verdruß zu benehmen. Um so mehr waren die Eltern, die sich bereits in einem hohen Alter befanden, alles Ernstes besorgt, ihre Tochter, bevor sie stürben, anständig zu verheirathen. Obschon diese sehnlichst wünschte, nur Christum zum Bräutigam zu haben, so willigte sie doch in den Wunsch ihrer Eltern, und verband sich in ihrem 12. Jahre mit einem wegen seiner aufbrausenden Hitze gefürchteten Manne. Sie verstand es aber, ihn so umzuändern, daß auch er zum Erstaunen Aller fromm und sanftmühig wurde. Achtzehn Jahre lang lebte sie mit ihm in Frieden und Eintracht. Mit seiner Gutheißung oblag sie fleißig den gewohnten Andachtsübungen, in welchen sie die seligste Jungfrau, den hl. Johannes den Täufer, den hl. Augustin und den hl. Nikolaus von Tolentin besonders verehrte. Sie fastete an allen Vorabenden der Marienfeste bei Wasser und Brod, und hielt außer der Allen vorgeschriebenen 40tägigen Fastenzeit noch zwei andere freiwillige Fasten; auch gab sie, gleichfalls mit Beistimmung ihres Gatten, vieles Almosen und besuchte oftmals die Kranken und Presthaften. Ihrem Manne gebar sie zwei Söhne (Zwillinge), welche bereits kräftige Jünglinge waren, als ihr Vater ermordet wurde. Die gute Frau empfand über diesen unverhofften Tod große Schmerzen und beweinte ihn mit vielen Zähren; aber zugleich unterwarf sie sich in diesem und allem dem unerforschlichen Rathschluß und Willen Gottes und betete nach dem Beispiele Jesu Christi unablässig für die Mordthäter. Auch ihre Sühne suchte sie zu bewegen, den Mördern das verübte Unrecht zu verzeihen und niemals an ihnen Rache zu nehmen. Zu ihrem großen Herzenleide mußte sie aber erfahren, daß ihre mütterliche Abmahnung ihnen nicht zu Herzen drang; da begann sie mit derselben Liebe, mit welcher sie für die Mörder ihres Mannes gebetet hatte, Gott zu bitten, er möge ihre Söhne von der Erde hinweg nehmen, bevor sie durch Blutvergießen sein Gebot verletzten. In der That erkrankten beide Söhne und gingen bald ins bessere Leben ein. Von allen irdischen Banden gelöst und entschlossen, der Erfüllung des göttlichen Willens ihr ganzes Leben zu weihen, begab sie sich jetzt nach Cascia in das Kloster St. Maria Magdalena, und bat inständig um das Ordenskleid. Die dreimal wiederholte Bitte wurde dreimal abgeschlagen, weil man in diesem Kloster keine Wittwen aufzunehmen pflegte. Dennoch verlor sie nicht im geringsten das Vertrauen auf die göttl. Hilfe. Sie kehrte nach Rocca-Porena zurück, und warf sich zu den Füßen des Gekreuzigten nieder, Ihn demüthig bittend, Er möge sie in diesem Kloster als seine Braut an- und aufnehmen, und verharrte bis Mitternacht in diesem Gebete. Da erschien ihr der heil. Johannes der Täufer mit den hhl. Augustinus und Nikolaus und brachte sie wunderbarer Weise bei verschlossenen Thüren in das Kloster. Jetzt endlich beschlossen die Klosterfrauen, die von den hhl. Ordenspatronen selbst geschickte Novizin zu behalten und einzukleiden, und ließen sie, nachdem sie das Probejahr bestanden, die heil. Gelübde ablegen. Nun entbrannte sie in ganz lebhafter Begierde, eine würdige und möglichst vollkommene Dienerin Gottes zu werden. Namentlich war sie der andächtigen Betrachtung des Leidens Christi innig ergeben. Als sie eines Tages vor dem Crucifixe betete, der Herr möge sich würdigen, ihr von seinen Schmerzen und Peinen etwas mitzutheilen, löste sich aus der Dornenkrone des Crucifixes ein Dorn ab und sprang ihr mit solcher Heftigkeit an die Stirne, daß sie blutete und die Wunde offen blieb, bis zu ihrem Tode. Nur als sie i. J. 1450 nach Rom reiste, um den Jubiläumsablaß zu gewinnen,25 heilte sie, brach aber nach der Rückkehr wieder auf. Die Selige pflegte zu sagen und darnach auch zu handeln, daß man die Stacheln des Fleisches leicht besiegen könne, wenn man keine Rücksicht auf den Leib nehme und ihm kein Mitleid schenke. Täglich geißelte sie sich dreimal; das erstemal für die Verstorbenen mit eisernen Kettchen, das zweite Mal für ihre Wohlthäter mit ledernen Riemen, das dritte Mal für alle Sünder mit geflochtenen Stricken. Da der böse Feind die Heftigkeit dieser Schläge nicht ertragen konnte, suchte er sie von dieser Strenge abzubringen, indem er ihr bald die Bußwerkzeuge versteckte, bald ihr den Gedanken eingab, sie könnte dadurch ihren Tod herbeiführen; aber sie überwand alle seine Hinterlist und fuhr fort, ihren Leib zu kasteien und in Zucht zu halten. Immer trug sie ein Cilicium aus Schweinsborsten; in ihr Unterkleid hatte sie Dornen eingenäht. In ihrer Kopfwunde wuchsen Würmer, die sie vielfach recht plagten, und einen so üblen Geruch verbreiteten, daß sie znmeist allein bleiben mußte. Sie trug dieses Leiden mit großer Geduld. Manchmal geschah es, daß solche Würmer von ihrem Haupte fielen. Darüber befragt, gab sie ruhig lächelnd zur Antwort: es seien nur ihre Engelein. – Wie angenehm ihr Gebet bei Gott gewesen, das ersah man aus der Wirksamkeit desselben. Einst kam eine Frau von Cascia zu ihr mit dem Ansuchen, sie möchte für ihre kranke Tochter beten; als sie nach Hause kam, fand sie ihre Tochter gesund. Ebenso hat sie durch ihr Gebet eine Besessene vom bösen Feinde befreit. Der Ruf hievon verbreitete sich in der Stadt und Umgegend, so daß auch von entfernteren Gegenden her Leidende kamen; Niemand verließ sie ohne Trost und Erbauung. Der Herr suchte seine Dienerin mit einer Krankheit heim, während welcher sie fast gar keine Nahrung zu sich nahm, so daß sich die Schwestern wunderten, wie sie nur ihr Leben erhalten könne, und deßhalb glaubten, daß sie mehr durch öftern Empfang des hl. Abendmahls, als durch körperliche Speise ihr Leben friste. Einst besuchte sie auf ihrem Krankenlager eine Blutsverwandte, der sie besonders gewogen war. Als diese die Kranke vor ihrer Heimkehr fragte, ob sie nicht vielleicht einen Wunsch habe, sagte Rita: »Ich möchte gerne eine Rose und ein paar Feigen aus meinem Garten« (sie hatte nämlich bei ihrem Hause in Rocca-Porena ein Gärtlein). Es war aber damals Januar, weßhalb die Verwandte meinte, die Selige rede irre; sie lächelte und ging fort Als sie aber nach Rocca-Porena zurückkam, fand sie wirklich in dem Rosenbeete eine blühende Rose und an einem Feigenbaume frische Feigen. Sie pflückte dieselben und brachte sie der Kranken. – Nach einigen Monaten fühlte Rila die Nähe des Todes; sie verlangte die Sterbsakramente; nach deren Empfang ermahnte sie ihre Mitschwestern zur genauen Befolgung der Regel, faltete ihre Hände in Kreuzesform, empfing den Segen der Abtissin und starb ganz ruhig i. J. 1457 an einem Samstag Abends am 22. Mai. Bei ihrem letzten Athemzuge hörte man die Klosterglocke dreimal anschlagen, ohne daß ein Mensch Hand anlegte, Licht durchleuchtete die Zelle und das ganze Kloster ward angefüllt mit himmlischem Wohlgeruche. Der Leichnam erschien wunderbar schön gestaltet, und nichts erregte mehr Erstaunen, als daßß die zuvor rauhe Stirnwunde roth schimmerte. Als am folgenden Morgen Alles herbeieilte um die Exequien mit einer Menge von Wachskerzen zu feiern, ließ man den Leib in der Kirche stehen, bis der Platz zur Aufnahme der ehrwürdigen Leiche wür dig zubereitet war. Unterdessen stand eine Blutsverwandte bei der Verstorbenen, die einen bewegungslosen Arm hatte. Während diese sich nun bemühte, den Hals der Verwandten zu umfassen, fühlte sie plötzlich, daß in ihren erstorbenen Arm Leben zurückkehre; mit großer Freude zeigte sie denselben Allen, und denselben nach Belieben hin und her bewegend, verbreitete sie das Wunder, das man mit einem allgemeinen Jubel wahrnahm. Auch später noch ereigneten sich viele Wunder bei ihrem Grabe, nach deren genauen Prüfung i. J. 1627 Urban VIII. gestattete, Rita als »Selige« zu verehren. Auch in Deutschland ist eine »kurze Lebensverfassung« der Seligen zu Regensburg im J. 1708 erschienen, welche wir hier benützt haben. Auf Bildnissen findet sich meistens das oben erzählte wunderbare Begebniß der Verwundung ihrer Stirne dargestellt. Das Mart. Rom. nennt sie ebenfalls am 22. Mai. (V. 223.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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