Wilfridus, S. (2)

Wilfridus, S. (2)

2S. Wilfridus, Ep. Conf. (12. Oct. al. 24. Apr.) Der heil. Bischof Wilfridus I.25 war im J. 634, als in Kent Eadbaldus und in Northumberland der hl. Oswald regierte, in letzterem Lande geboren, und wurde als 14jähriger Knabe von der Königin Eanfleda ins Kloster Lindisfarne zur Erziehung und Ausbildung geschickt. Nach einigen Jahren entschloß er sich um das J. 653, weil ihm der von den Schotten ertheilte Unterricht nicht zusagte (Beda: advertit, minime perfectam esse virtutis viam quae tradebatur a Scottis), nach Rom zu gehen, um dort die Ordensregel des hl. Benedictus kennen zu lernen, zu beten, und das römische Rituale sich anzueignen. Auf der Hin- und Rückreise besuchte und berieth er auch längere Zeit feinen Landsmann, den Bischof Dalwinus (Delphinus) von Lyon, der ihm sehr anlockende Anerbietungen machte, um ihn bei sich zu behalten. Der Jüngling schlug sie alle aus mit dem Hinweise auf die Gott gemachten Versprechungen; er wolle denen nachfolgen, welche um Gottes willen Alles verlassen haben, worauf ihn der Bischof seine Reise ungehindert fortsetzen ließ. Während seines Aufenthaltes zu Rom, wo er im St. Andreaskloster Herberge nahm, gehörte der tägliche Besuch der Kirchen und fast ununterbrochenes Gebet zu seinen Hauptbeschäftigungen. Zugleich erwarb er sich von dem römischen Archidiacon Bonifacius seine tieferen exegetischen Kenntnisse, erlernte die römische Berechnung der Osterfeier und vieles Andere, was die Kirchendisciplin anlangt. Nach einem Aufenthalte von mehreren Monaten trat er, von dem Segen des Papstes begleitet und mit Reliquien beschenkt, die Heimreise an. Drei Jahre verweilte er bei seinem geistlichen Vater Delphinus zu Lyon, welcher die Aufnahme des frommen Jünglings in den Orden des heil. Benedictus und sein Begräbniß für diese Welt vollzog. Um das J. 657 kehrte er nach England zurück. Alfrid, Sohn und Mitregent des Königs Oswi, welcher unterdessen dem heil. Oswald (Oidilwald) gefolgt war, zog ihn an seinen Hof, und gewann ihn so lieb, daß er ihn beschwor, bei ihm zu bleiben, und den geistlichen Unterricht seines Volkes zu übernehmen. Zu diesem Ende mußte er sich von dem Bischofe Aegilbertus (Gilbertus) von Westsex zum Priester weihen lassen. Schon vorher hatte er vom Könige eine Landstrecke zu Stamford zur Errichtung eines Klosters, und bald darauf (um das J. 660) die Abtei Rippon (Hripum) erhalten, deren Einkünfte er mehr auf Almosen, als auf seine Bedürfnisse verwendete. Zu nächst machte er sich um die Herstellung der kirchlichen Einheit in Betreff der Osterfeier verdient. Je mehr nämlich der Glaube in England im Aufblühen begriffen war, desto größer wurde das Verlangen nach Einheit in der Osterfeier. In Folge der bisherigen Verschiedenheit, welche allerdings nicht den Glauben berührte, wie ein protestantischer Geschichtschreiber stets dem Andern nachschreibt, war es unvermeidlich, daß man in einigen Kirchen und Klöstern schon das Alleluja sang, während man in andern noch die Fasten hielt und das Leiden Christi betrachtete. Weil ferner von dem Osterfeste alle beweglichen Feste des Jahres abhängen, so griff diese Differenz verwirrend in das ganze kirchliche Leben ein. Wenn daher die katholische Kirche in England auch die Heiligen, welche nach dem altirischen Ritus Ostern hielten, so gut wie jene, welche dem römischen Gebrauche folgten, damals wie später verehrt, suchte man gleichwohl diese rituelle Verschiedenheit nach und nach zu beseitigen, und auch in der Osterfeier eine einheitliche Uebung herzustellen. Die geistliche Versammlung (Synode ist nicht der richtige Ausdruck) zu Streaneshalch (Witby) im J. 664, auf welcher der hl. Wilfridus ein sehr thätiges Mitglied war, und für den römischen Ritus einen Mehrheitsbeschluß herbeiführte, wurde zu diesem Zwecke berufen. Nur der Bischof Colman von Lindisfarne und ein Theil der dortigen Mönche blieb dabei, daß man an der althergebrachten Uebung festhalten solle. Der heil. Wilfrid wurde noch im nämlichen Jahre zum Bischofe von York ernannt sind empfing zu Paris (nach Andern zu Compiegne) von dem dahin versetzten Aegilbert die Bischofsweihe. Er war da mals erst 30 Jahre alt, und hielt sich noch zwei Jahre in Frankreich auf. Als er das Bisthum York, für welches er bestimmt war, antreten wollte, fand er es aber besetzt. Um keine Spaltung zu erregen, ließ er den frommen und demüthigen Bischof Ceadda, welcher bisher im Kloster Lestingay gelebt hatte und nun mit dem größten Eifer dem Bisthum York vorstand, ruhig walten. und zog sich in die Einsamkeit des Klosters Rippon zurück. Von hier leistete er an verschiedenen Orten bischöfliche Amtshilfe, besonders that er es für die Kirche von Rochester. Darauf wurde er auf kürzere Zeit zur Verwaltung des Erzbisthums Canterbury berufen, und dann im J. 670 von Theodor, dem neuen Hirten dieser Kirche, in den Sitz von York feierlich eingeführt. Sein erstes Werk war hier die bauliche Instandsetzung der jämmerlich zerfallenen, dem heil. Petrus geweihten Kathedrale, und die Einweihung der neu erbauten prächtigen Klosterkirche von Rippon. Eine noch schönere Basilica erbaute er auf dem ihm von der Königin Etheldreda geschenkten Landgute Augustaldum (in Augustaldensi oppido), dem spätern Herham, zu Ehren des hl. Apostels Andreas. Zu Lindisfarne führte er, statt der bisherigen schottischen, die Benedictinerregel ein, bereiste dann sein Bisthum, spendete das heil. Sacrament der Firmung, nahm sich der Klöster an, und ordnete ihre Verwaltung, unterrichtete und befestigte das Volk durch zahlreiche Predigten im Glauben. Alle Hilfsbedürftigen halten zu ihm freien Zutritt und bekamen geistliche und leibliche Almosen. Bei der Einführung des Kirchengesanges war ihm ein gewisser Eddi Stephani, sein nachmaliger Lebensbeschreiber, welchen er von Kent zu sich gerufen hatte, behilflich. Der König Egfrid und seine erste jungfräuliche Gemahlin Etheldreda erzeigten ihm in allen (geistlichen) Dingen vollkommenen Gehorsam. So gab es mit der Hilfe Gottes Friede und Freude im Volke, fruchtbare Jahre und Sieg gegen alle, Feinde. Als aber der König im J. 678 mit Zustimmung des Erzbischofes Theodor sein Bisthum in drei Bisthümer zerlegte26, widersetzte er sich, und appellirte nach Rom. Da er seine Sache, welche dieses Mal rechtlich wieder für ihn sprach, aber gleichwohl bei der übermäßigen Größe seines Bisthumes keine gute war, (denn kleinere Bisthümer sind leichter zu verwalten. und wurden daher von den Päpsten zu allen Zeiten begünstiget) daselbst persönlich zu betreiben gedachte, schiffte er sich ein, wurde aber an die friesische Küste verschlagen, und von dem dortigen Könige Aldgislus ehrenvoll aufgenommen, kam hier mit dem hl. Willebrord zusammen, und half ihm den Winter über bei der Predigt des Evangeliums. Als er sich hier wegen der feindseligen Absichten des fränkischen Majordomus Ebroin nicht mehr sicher glaubte, begab er sich im Frühlinge des folgenden Jahres nach Rom, wo er den Schutz seines Rechtes auf den Gesammtbestand seines Bisthumes erhielt. Er kehrte jetzt nach England zurück und wies die mit den Siegeln des Papstes Agatho versehene Urkunde dem Könige vor. Alles Volk, besonders die Rechtsgelehrten, waren voll Begierde, zu hören, was der »römische Gipfel« entschieden habe. Als aber die Entscheidung bekannt geworden war, widersetzte sich der Hof; die Königin haßte ihn wie einen Verräther; der König nahm dem heil. Bischofe die geweihten Kapseln, welche er bei sich trug (wahrscheinlich Reliquienbehälter, wie Mabillon erläutert), und setzte ihn gefangen. Sein Gemüth blieb ungetrübt: »Niemand darf Lohn erwarten«, sprach er, »bevor er nicht durch Ertragung von Unrecht über dasselbe gesiegt hat.« Die Haft war ziemlich hart und dauerte neun Monate, aber der heil. Mann ging aus dem Feuerofen der Leiden desto kräftiger hervor, mit dem Rufe eines Wunderthäters umgeben. Die Königin wurde durch eine schwere Krankheit so lange heimgesucht, bis der Diener Gottes aus dem Gefängnisse entlassen wurde. Auf seinen Sitz durfte er gleichwohl nicht zurückkehren. Er selbst wollte entweder Bischof sein wie bisher, oder gar nicht, und verließ daher aufs Neue sein Vaterland, um in den östlich gelegenen Ländern (in Südsex) sich einen neuen Wohnsitz zu suchen. Er gewann hier den noch heidnischen König Editwalk mit seinen Unterthanen für das Evangelium und gründete unter großen Gefahren die Klöster Bosenham und Selsey (die Insel wurde später Bischofssitz, welcher bald nach Clichester verlegt wurde), um das J. 680. Allen Leibeigenen dieser neuen Besitzungen ertheilte er sofort die Freiheit. Das ganze Volk, vom Könige angefangen, verlangte und erhielt die heilige Taufe. Zu der nämlichen Zeit fiel im Lande nach dreijähriger Trockenheit wieder der ersehnte Regen, und die bis dahin vorhandene schwere Hungersnoth hörte auf. Auch lehrte er die Leute den Fischfang mit Netzen, und beförderte hiedurch ihren Wohlstand. Zur Befestigung der neuen Pflanzung stiftete der König Klöster, während der Bischof deren innere Einrichtung besorgte. Als aber König Ekfrid im Kampfe gegen die Pikten im J. 685 gefallen war, was am nämlichen Tage dem hl. Wilfridus während er das hl. Opfer darbrachte in einem Gesichte geoffenbart wurde, rief der Erzbischof Theodor den Diener Gottes zurück und setzte ihn zu London, im Beisein des Bischofs Erchambald von da, unter demüthiger Reue über sein früheres Verfahren in alle seine Rechte wieder ein. Vorher betrieb er noch die Bekehrung des Königs Cäadwaita von Wessex, dessen Vertrauen so hoch stieg, daß er ihm sein ganzes Land zur Verwaltung übergab. Der König Aldfridus nahm ihn gnädig auf und bestätigte im J. 687 seine Wiedereinsetzung, Bald aber gelang es den Widersachern des Bischofes, dieses friedliche Verhältniß wieder zu lösen; der hl. Wilfridus, welcher Alles wieder auf die früheren Zustände zurückführte, und die Restitution der Kirchengüter betrieb, mußte York neuerdings verlassen. Es kam so weit, daß die auf der Landessynode im J. 701 oder 702 zu Eastrefeld (Nesterfield) versammelten Bischöfe, unter welchen sich Bosa und Johannes, welche ihre bischöflichen Sitze wieder hatten herausgeben müssen, besonders hervorthaten, ihn des Ungehorsames gegen den Erzbischof Theodor für schuldig erklärten, und seine Resignation verlangten, welche er im Gefühle seiner Unschuld standhaft verweigerte. Selbst einige seiner Feinde erkannten die Gerechtigkeit dieser Weigerung an, indem sie sagten, warum man ihm, der kein Verbrechen begangen habe, Alles nehme. Man kam also mit dem Könige überein, ihm das Kloster Rippon zum ruhigen Wohnsitze, zugleich aber als Verbannungsort einzuräumen, da er ohne königliche Erlaubniß dasselbe weder verlassen, noch irgend eine bischöfliche Funktion ausüben sollte. Der Heilige protestirte sogleich feierlich gegen diese Zumuthung; er könne unmöglich seine, vierzig Jahre lang unbefleckte bischöfliche Ehre durch dieses Zugeständniß brandmarken, und ergriff der Heilige neuerdings persönlich (im J. 703) Berufung an den Papst. Er wurde vom Papst Johannes VI. von allen wider ihn erhobenen Beschuldigungen freigesprochen und in allen seinen bischöflichen Rechten bestätiget. Die Könige Ailredus und Alfridus wurden mit der Excommunication bedroht, wenn sie ihm ferner noch in der Ausübung seiner Amtspflichten hinderlich wären. Nachdem er auf diese Weise sein Recht gewahrt und seine Unschuld vertheidigt hatte, wollte er nicht triumphirend in sein Vaterland zurückkehren, sondern in heiliger Zurückgezogenheit zu Rom sein Leben beschließen. Aber der Papst verweigerte seine Zustimmung. Auf der Heimreise erkrankte er zu Meaux, wurde aber durch die Anrufung der Mutter Gottes (Beda, V. 19.) wieder gesund. Der Erzbischof Brithwald von Canterbury nahm ihn freundlich auf und versprach ihm seinen Beistand, so große Wirkung machte auf ihn die päpstliche Entscheidung; ebenso Ethelred, der letzte König von Mercien, welcher unterdessen den Thron verlassen, und das Mönchsgewand angezogen hatte. König Alfridus, welchem er die päpstlichen Schreiben vorwies, erhob Schwierigkeiten; es sei ihm unmöglich, das einmal ausgesprochene Entsetzungsurtheil wegen vorgeblicher (ut dicitis) päpstlicher Schreiben zu widerrufen. Sein Nachfolger Aedulf behandelte ihn noch roher, und drohte, wenn er nicht binnen sechs Tagen das Land verlasse, ihn und seine Anhänger am Leben zu bestrafen. Doch wurde dieser König schon nach zwei Jahren entsetzt und sein Nachfolger Osfred, ein Sohn Alfrids, ließ den hl. Wilfrid auf einer Synode am Nidflusse (Syn. Niddensis), im J. 705 auf seinen bischöflichen Sitz wieder einsetzen. Die Abtissin Elfleda von Streaneshal hatte gleichfalls in diesem Sinne auf den König eingewirkt. So konnte der hl. Wilfridus, der seine gewöhnliche Residenz im Kloster Rippon nahm, wenigstens die letzten vier Jahre seines Lebens unbehelligt sein Hirtenamt üben, was er um so eifriger that, je näher er bereits sein Ende fühlte. Er starb (nach Beda) in einem seiner Klöster in der Provinz Undalum (jetzt Oundle genannt) in Northamptonshire, im J. 709 am 24. April, 75 Jahre alt, und wurde in seinem Kloster zu Rippon begraben. Sein Vermögen, auch seine Kleider hatte er noch vor seinem Hinscheiden an verschiedene Klöster und Kirchen, so wie an die Theilnehmer seiner Verbannung ausgetheilt. Als Rippon durch Feindeshand zerstört wurde, kamen seine irdischen Reste nach Canterbury. Die Uebertragungsfeier am 12. Oct. scheint (Mabill. observ. nr. 2) die seines Hintrittes, welche am 24. Apr. begangen wurde, an Glanz und Theilnahme bald übertroffen zu haben, da letztere nur in einem Beda zugeschriebenen metrischen Martyrologium angemerkt ist. Sein heiliges Leben ist schon zu seinen Lebzeiten von Niemanden bestritten worden. Er betete ohne Unterlaß, las sehr fleißig die heil. Schrift, studirte eifrig das canonische Recht, beschränkte sich im Schlafe und in der Nahrung auf das Allernothwendigste und pflegte, um die Andacht und Aufmerksamkeit wach zu erhalten, bis in sein hohes Alter die nächtlichen Gebete Winter und Sommer in geweihtem Wasser stehend zu verrichten. Auf diese Weise bewahrte er vom Mutterleibe an die Keuschheit unverletzt und rein, und stählte er seine Kräfte zu stets neuen Anstrengungen. In seinem Testamente schied er sein Vermögen an Gold und Silber in vier Theile: den ersten bestimmte er für drei römische Kirchen, den zweiten für die Armen, den dritten für Rippon und Hexham, und den vierten für seine ehemaligen treuen Leidensgefährten. Einen Ruf als Wunderthäter hat er bereits beim Kirchenbau in Hexham (s. o.) erhalten, wo er einen beim Bau verunglückten Maurer durch sein Gebet und seinen Segen ins Leben zurückrief. Als Curiosum bemerken wir noch, daß auch die protestantischen Kalender von Coblenz und Heidelberg diesen heil. Bischof aufführen. Man kann sich der allgemein christlichen Pflicht der Heiligenverehrung niemals ganz entziehen. Bei Ranbeck (IV. 80–91) findet er sich als Bischof abgebildet; vor ihm liegt ein todter Mönch, den er wieder in das Leben zurückruft; im Hintergrunde segnet er das Kind einer armen Mutter, die vor ihm kniet, so daß es getauft werden kann.



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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